Es ist 4 Uhr morgens
als der Wecker klingelt. Thomas beschwert sich kurz über den grausamen
Klingelton und ein paar Minuten später sitzen wir bereits bei einem Frühstück,
das keine Wünsche offen lässt. Trotzdem sputen wir uns, um einen guten Platz in
der Startaufstellung zu bekommen. Als wir gegen 5.20 Uhr unser Quartier
verlassen, ist es bereits hell, angenehm mild und aus allen Richtungen strömen massenhaft
Radfahrer. Kurze Zeit später stehen wir in unseren zugewiesenen Startgruppen.
Aus den Lautsprechern rockt Neil Young und Pink Floyd, die ersten Hubschrauber
kreisen über uns, das italienische Fernsehen überträgt live ab 6.00 Uhr. Mein
Blick schweift durch die Reihen. Jeder Teilnehmer trägt eine Startnummer auf
dem Rücken, mit vollem Namen und Nationalität: Brian aus den USA, Marek aus
Tschechien, Peter aus Brasilien, viele Holländer, Engländer und natürlich viele
Italiener. Die scheinen – völlig ungeachtet der frühen Stunde – bereits in
Höchstform zu sein, unterhalten sich ausgelassen, scherzen, lachen oder
telefonieren sogar. Eigentlich ein Wahnsinns Rummel - aber trotzdem eine unglaubliche
Atmosphäre, die ich vom ersten Moment an genieße. Dabei wären wir alle um ein
Haar gar nicht dabei gewesen:
Angefangen hatte
alles bei unserer letzten Plauschtour im vergangenen Oktober. Im Mostbesen in
Erkenbrechtsweiler tauschten wir uns über die schönsten Erlebnisse des langsam
zu Ende gehenden Jahres aus. Dabei schwärmte Joachim in den höchsten Tönen vom
Maratona, den man „als halbwegs engagierter Rennrad-Fahrer einfach einmal
miterlebt haben muss“. Seine Begeisterung und sein leidenschaftliches Plädoyer
für eine Teilnahme weckten meinen Wunsch, da irgendwann einmal dabei zu sein.
Einen Tag später meldete ich mich dann an. Natürlich verbunden mit der sicheren
Erwartung, jetzt, nachdem ich mich auch einmal zu einer Teilnahme bequemt
hatte, einen der 9.000 (!) Startplätze zu ergattern………
Im November dann die
Enttäuschung groß: Insgesamt waren 32.000 Anmeldungen eingegangen und keiner der angemeldeten
15 Fundracer hatte einen Platz erhalten. Damit schien die Sache erledigt. Doch
im Mai kam dann völlig überraschend eine zweite Chance: Stefan Kirchmayr von
Kirchmayr Cycling konnte uns noch Plätze anbieten. Da haben sich dann Chrissi,
Joachim, Thomas, Martin und ich ganz schnell angemeldet und alles hat geklappt
wie am Schnürchen (vielen Dank nochmals Stefan). Und so kam es, dass wir uns am
vergangenen Freitag in Corvara trafen. Die Wetterprognose fürs ganze Wochenende
war ideal und ich war gespannt, all das zu erleben, was mir Joachim so begeistert
beschrieben hatte.
Pünktlich um 6.30
Uhr fällt der ohrenbetäubende Startschuss und das riesige Teilnehmerfeld setzt
sich nach und nach in Bewegung. Vorbei an vielen Zuschauern, die bereits um
diese Zeit für eine Gänsehaut-Stimmung sorgen, geht es hinauf auf den
Campolongo-Pass. Für die erste Verpflegungsstelle oben auf der Passhöhe scheint
sich kaum jemand zu interessieren und gute 5 Minuten später sind wir bereits in
Arabba, wo nach der Abfahrt direkt der Aufstieg zum Pordoi beginnt. Auf der
Passhöhe werden wir von Alphornbläsern begrüßt und für einen Moment genieße ich
die traumhafte Aussicht auf die Sella-Gruppe.
Die folgende Abfahrt
nach Canazei verlangt höchste Konzentration, bevor es direkt in den nächsten
Aufstieg zum Sellajoch geht. Dort treffe ich auch Joachim, gemeinsam geht’s
weiter zum Sellajoch, immer wieder begleitet von den Anfeuerungen der
Zuschauer, die sogar auch an entlegenen Stellen stehen. Die Motivation tut uns
gut und bald haben wir mit der Abfahrt nach Corvara die Umrundung der Sella-Gruppe
hinter uns gebracht und damit den ersten Teil des Rennens gemeistert.
Es folgt der zweite
Anstieg auf den Campolongo-Pass, der mir schon spürbar schwerer fällt. Joachim
scheint davon völlig unbeeindruckt und fährt kraftvoll und gleichmäßig tretend
vorne weg. Ich versuche dran zu bleiben und so erreichen wir direkt
nacheinander die Passhöhe, wo wir uns eine kurze Pause gönnen. Inzwischen hat
auch Chrissi zu uns aufgeschlossen, gemeinsam fahren wir zum zweiten Mal an
diesem Tag wieder nach Arabba ab. Dort folgt das einzige Flachstück auf der
gesamten Runde, ein ca. 5 km langer Abschnitt, an dessen Ende sich dann die
Strecke teilt: Martin und Thomas, die vor uns gestartet sind und deutlich
schneller unterwegs sind, biegen hier zuerst noch auf den auf den Passo Giao
ab, während wir drei direkt den Falzarego-Pass ansteuern. Der ist wunderschön
und sehr abwechslungs-reich zu fahren, zieht sich aber doch länger hin, als mir
lieb ist. Joachim fährt voraus, meine Beine schmerzen, es ist heiß. An der
Verpflegungsstelle treffe ich Joachim wieder und gemeinsam fahren wir die
letzte Auffahrt vom Falzarego zum Passo Valparola. Von da aus geht es weit
hinab ins Tal zurück nach Corvara, bevor die letzte Herausforderung wartet: Die
„Mür dl Giat“, ein kurzer, aber mit 19% extrem giftiger Anstieg kurz vor dem
Ziel. Vor den vielen Zuschauern wollte ich mir keine Blöße geben und kämpfe
mich mit letzter Energie hinauf. Die folgenden 5 km bis ins Ziel waren dann wie
eine Erlösung.
Direkt nach mir kam
dann auch schon Martin von der langen Strecke zurück, dann Joachim, Chrissi und
Thomas, der ebenfalls die lange Strecke mit 138 km und 4.230 hm gefahren ist.
Nach 7 Pässen, 106
km und 3.130 Höhenmetern freute ich mich auf ein kaltes Bier. Gemeinsam
tauschten wir unsere Erlebnisse aus, freuten uns, dass wir alle unfallfrei
wieder im Ziel ankamen und waren beeindruckt von der reibungslosen Organisation.
Für mich als Neuling
war es das von Joachim prophezeite einmalige Erlebnis in einer tollen Gruppe, mit
einem perfektem Wetter und einer grandiosen Landschaft.
Viele Grüße aus
Geislingen,
Uli.
Hier noch unsere
Zeiten:
Strecke 138 km, 4.230
Hm
Martin
G. Zeit 6:34.09 Rang AK 132 Overall 851
Thomas
G. Zeit 7:29.38 Rang AK 366 Overall 2.065
Strecke
106 km, 3.130 Hm
Christiane
W. Zeit 6:50.33 Rang AK 12 Overall
156
Joachim
Sch. Zeit 6:24.24 Rang AK 61 Overall
1.245
Uli
S. Zeit 6:19.11 Rang AK 160 Overall 1.171