Mittwoch, 1. Juli 2015

Bericht von der Albextrem 2015

 Montagabend, Balkon, fast Vollmond.
Dazu ein kühles Glas Weißwein.
Und sich erinnern.
An das Gestern. An die Albextrem 2015.
„Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“ heißt eine alte jüdische Weisheit.
Wie wahr!
So ein erlöstes Gefühl habe ich eigentlich sonst nie im Jahr.
Dieses Gefühl, das mit der Abfahrt hinunter nach Ottenbach beginnt, mit einem Hefeweizen begossen und in einer schlaflosen Nacht durchwacht wird.
Frau möge mir den Vergleich verzeihen: So in etwa muss sich eine Mutter fühlen, die grad entbunden hat.
Die Schmerzen, das Reißen, das Hecheln – alles vergessen angesichts des Wissens: Geschafft!
Und der Urkunde in den Händen.
Abgesehen von der Steigung bei Weilerstoffel, bei der ich mit 90% der MitfahrerInnen zum ersten Mal den Sinn dieses ansonsten wie ich finde dämlichen Sprichworts „Wer sein Fahrrad liebt, der  schiebt“ verstanden habe, war diese so ganz neu geroutete Albextrem einmal mehr eine schmerzhafte Freude.
 
 
 
Vor allem das Wetter, das, wie ich hier einmal unverwunden behaupten mag, wesentlich mehr Einfluss auf unser Leben hat als jedwede Form von Genetik: Ein Traum.
Und das an einem Sonntag – jetzt bricht wieder der Pope durch – der unter dem Proprium „Die Gemeinde der Sünder“ steht. Wahrscheinlich geht das nur mir so, einem von 3300. Wenn man durch die Dörfer fährt und die Glocken läuten hört und weiß: Nun ist Gottesdienst … und was machst du? Jeder Glockenschlag ein Schlag ins Gewissen.
Doch dann fällt mir ein, mit welchem Wort am heutigen Sonntag die Predigt anheben wird:
„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“
Eben!
Sei barmherzig! Vor allem mit dir selbst.
Im Angesicht dieses wunderbaren Albextrem-Himmels kommt mir in diesem Zusammenhang ein Gedicht Robert Gernhardts in den Sinn, das ich mit stiller Freude meinem barmherzigen Vater zutrage:
 
„Himmel, großer Deckel du, deck mich kleine Erde zu.
Hab ich Unrecht heut getan, zeige mich bei Gott nicht an.
Lässt du mich nur selig ruhn, will ichs morgen wieder tun.
Amen.“
 
Doch um ehrlich zu sein: Schon bei Pause 2 in Gnannenweiler, nach 100km und 1700hm, spüre ich, dass ichs morgen nicht nochmal tu.
Diese erste Hälfte hatte es in sich, da sind sich alle um mich herum einig. „Ein Unding!“ – „Zumutung!“ – „Kein Spaß mehr!“ so tönt es allenthalben. Manche - fast schon verbittert - zetteln mögliche Verschwörungen an: „Nächstes Jahr laufen wir alles!“
Im Zeitalter der sozialen Medien bahnt sich ein Proteststurm gegen die Organisatoren der Albextrem an. In diesen Stunden, in denen ich dieses schreibe, ist die Internetseite nicht zu erreichen …
Doch sei hiermit noch einmal eindringlich erinnert:
„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“
Ansonsten war‘s nämlich wirklich wieder landschaftlich großartig, prächtig organisiert und geradezu lecker: die Brötchen in Gnannenweiler, das Joghurt in Hofstett-Emerbuch, die Butterbrezel in Stötten …
 
 
 
 
und das Hefeweizen in Ottenbach!
Womit sich der Kreis wieder schließt.
Und die Sache rund wird. Ganz. Und schön.
 „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung!“ So ist es. einmal mehr.
Bis zum nächsten Jahr, Ihr lieben Diakonie Fund Racer! 
Christoph Wiborg