Um 4.00 Uhr plärrt im Hotel der Wecker. Zeit zum Aufstehen, Frühstücken und die letzten Rennvorbereitungen zu treffen. Gegen 4.06 Uhr meine ich, an Kreislaufstörungen zu leiden, …
der Boden unter meinen Füßen scheint sich zu bewegen. Stefan fragt, was denn los sei, …
dann geht wie von Geisterhand die Schranktüre auf und die Diakonie-Trikots schaukeln auf den Kleiderbügeln. So fängt ein turbulenter Radrenntag mit Erdbebeneinlage in Italien an.
Der Renntag birgt unterschiedliche Wetterkapriolen in sich. Beim Start um 6.00 Uhr zeigt das Thermometer noch 12 Grad an, aber schon zwei Stunden später will keiner der Aktiven mehr über das Wetter meckern, 17 Grad sind für anstrengende Radpassagen gute klimatische Bedingungen. Selten zeigt sich die Sonne unverhüllt, oft leuchten ihre Strahlen wie Suchscheinwerfer durch die Löcher in dem Wolkenvorhang und hinterlassen eine Farbsymphonie in Grün, gelegentliche Nieselregenpassagen sind nur von kurzer Dauer. Schade, dass die Blicke auf die landschaftlichen Schönheiten während des Renngeschehens viel zu kurz kommen.
Nove Colli wird schnell und konzentriert gefahren. Auch die Abfahrten lassen kaum Entspannung zu. Enge, kurvige Sträßchen und ständig wechselnde Asphaltqualitäten verbieten Unachtsamkeit. Viele Gruppen bilden sich aus Radlern, die sich nicht kennen, … das ist kommunikativ, viele Radler fahren in Gruppen ein schnelles Tempo, obwohl sie dahingehend nur spärliche Erfahrung besitzen, … das ist gefährlich. Daran denke ich, wenn ich an gestürzten Mitstreitern vorbeifahre.
Stefan hat sich die 200 km Strecke vorgenommen, insgesamt fahren die Strecke 3.398 Radler. Ich habe mich für die 130 km entschieden, mit mir sind 6.645 Aktive auf dieser Strecke. Natürlich fahren wir zu unterschiedlichen Zeiten durch den Zielkilometer, … hunderte von Zuschauern pushen nochmals zu Höchstleistungen und lassen die Anstrengungen des Schluss-Sprints vergessen. Die Wertungslisten zeigen bei Stefan einen 26er-Schnitt und einen 46. Platz von 286 Startern in seiner Altersgruppe. Bei mir wird es ein 24er-Schnitt und ein 159. Platz von 406 Startern in der Altersgruppe. Bei den Stopps an den Verpflegungsstellen tickert natürlich die Transponder-Zeit weiter. Deshalb sind wir beide etwas enttäuscht, als wir den 27er-Schnitt auf unseren Tachos nach unten korrigieren müssen,
aber wir sind beide froh, ohne Zwischenfälle durch die anspruchsvolle Strecke in den Apenninen-Bergen gekommen zu sein.
Rad-Panne hatten wir glücklicherweise keine zu beklagen, … dafür hatten wir schon bei der Anreise eine Autopanne und mussten mit einem Avis-Mietwagen die Italienfahrt fortsetzen.
J.S.
Das eine - Nove Colli – das Radrennen in den Appenninen, das andere – Erdbeben in der Region Emilia Romagna. 50 km entfernt von unserem Standort befindet sich das Epizentrum.