„Fürchte
dich nicht, denn ich bin mit dir und will dich segnen:“ lese ich am
Sonntagmorgen in meinem Losungsbüchle. Letzte Zweifel werden weggeblasen. Zum
ersten Mal 200 km und 3300 hm, da saß mir doch die Furcht im Nacken. Aber wenn
das so ist. Fürchte dich nicht! Albextrem 2016, ich komme!
Zum Foto
reicht es dieses Jahr nicht. Der Matsch beim Parken war too much.
Aber egal.
Der Berg ruft. Der Hohenstaufen. Groß und mächtig – schicksalsträchtig – um
seinen Gipfel jagen – Nebelschwaden. Warm werden, innerlich und äußerlich. Eins
werden. Mit dem Rad. Mit der Alb. Mit mir selbst.
Letzteres
fällt am schwersten. Ich im Dialog mit mir. Fühl mich wie bei einer Talkshow.
Tausend Stimmen in mir. Jeder weiß alles besser.
Das erste
blauweiße Diakonie-Trikot reißt mich heraus aus meinen Gedanken. Wie schön!
Nachdem mich in diesem Jahr meine alte Stammtruppe allein ziehen lassen musste.
Diakonie ist Heimat.
Während ich
ins Gespräch komme, zieht an uns ein anderer Radfahrer vorbei. Auf dem Trikot
steht: Turkye. Kann man überlesen. Muss man aber nicht. Mein erster Gedanke:
Muslime fahren auch mit? Im Ramadan? Albextrem hoch Albextrem, würde ich sagen.
Selbst am 21.12. wär mir der Tag zu lang. Ohne Bierschinkenbrot in Waldstetten
oder Brühe in Gnannenweiler. Dabei dachte ich immer, wir christlichen
Diakoniker würden hier die Leidenden vertreten.
Ein kurzer
Versuch, dem vermeintlichen islamischen Glaubensbruder nachzuspurten scheitert.
Nur der Halbmond am Himmel, der sich mehr und mehr gegen die Sonnenstrahlen
erwehren muss, erinnert mich noch einige Zeit an diese Begegnung der besonderen
Art.
Ansonsten
gleite ich ab 10 Uhr mit meinen Gedanken wieder in die innere Immigration ab.
Oder ist es eher eine Emigration? Weiß nicht, ob’s euch auch so geht: Bei
zunehmenden Kilometern bin ich innen immer leerer. Fühle nur noch außen. Vor
allem außen unten. Der Wolf und ich unterwegs.
Womit wir
wieder beim Leiden wären. Und dem Kreuz, das wir tragen.
Zuhause in
Tübingen predigt mein lieber Kollege gerade über die Torheit des Kreuzes. „Denn
das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die
wir selig werden, ist es eine Gotteskraft.“ Daran muss ich immer wieder denken.
Was dem einen Torheit ist, ist dem Anderen Kraft der Gnade.
Albextrem
hat auch so ihre beiden Seiten: Torheit und Gnade. Verrückt immer wieder, da
mitzufahren. Spätestens ab dem Hexensattel bin ich mit dieser Meinung immer
nicht allein. „Habt ihr diesen Berg hier hingeschüttet?“ frage ich die, die da
kurz vor dem Gipfel mit Applaus den Rücken stärken wollen. Sie lachen. Torheit!
Dann noch Oberböhringen.
Stötten. Birkenhöfe.
Alles Torheit.
Und von
wegen 3300 hm:
Bin am Ende
bei 3580 hm.
Bin am Ende.
Ende.
Und da dann
aber doch: Gnade.
Wenn sich
alles wieder auseinanderschält.
Rad und
Mensch.
Wolf und
Sattel.
Und sich der
Stolz regt und die Zufriedenheit.
Und die
Torheit der Fahrt zur Gotteskraft wird und einen trägt und trägt und trägt …
„… will dich
segnen!“ Wieder hat ER es wahr gemacht. Was sind wir gesegnet!
Darum:
Fürchtet euch nicht! Bis zum nächsten Jahr!
Jan-Christoph