Vätternrundan / Schweden
beim Auslaufen aus dem Kieler Hafen |
Wer die Forum-Texte liest, weiß wie die Dinge sich entwickelten:
Wir waren mit den Anmeldungen zu spät dran, … ausgebucht.
Erst im Februar kann ich noch einen Startplatz erstehen.
Doch fast hätte ein nur 2,5mm kleines, giftiges Tierchen die geplante Skandinavienfahrt verhindert. Ein Zeckenbiss samt Riesenschwellung und Fieber – 2 Tage vor der Abreise – stellen die Teilnahme in Frage.
Antibiotika und Optimismus lassen mich trotzdem fahren.
Beim Sightseeing am Hafen |
Zelt des schwedischen Teams auf dem Messegelände |
In diesem malerischen Städtchen am Vätternsee ist schon am Donnerstag vor dem Rennen zu spüren: Alles dreht sich um das Rad.
Die Kommune bereitet sich darauf vor, dass ca. 30.000 Radsportler die Stadt überfluten, die selbst nur über 30.000 Einwohner verfügt.
Anreisende PKWs mit Velos auf dem Dach, provisorische Campingplätze für Radler mit Wohnmobilen und Zelten, Verkaufsstände mit allerlei Rad-Zubehör,
Aussteller mit den edelsten Rad-Labels, Wirte die sich mit ihren verschiedenen Pasta-Angeboten gegenseitig überbieten … und überall sportlich aussehende Leute mit definierten Waden.
6 Minuten vor dem Start, ... das Diakonie-Trikot trage ich wirklich unter der Regenjacke |
Am Freitagabend 20.30 Uhr beginnt das Spektakel.
Die nördlichen Nächte im Juni kommen dem Geschehen entgegen, … nach nur 3,5 Stunden Dämmerung beginnt schon wieder der nächste Tag.
Alle 5 Minuten werden 200 Starter auf die Strecke geschickt. Die langsameren Teilnehmer starten während der Nacht, die schnelleren am frühen Morgen.
Ich darf als Teilnehmer aus Tyskland um 5.30 Uhr starten …
bei Regen und frischen 10 Grad.
Nach der ersten Stunde Regenfahrt habe ich die Befürchtung, dass der erhoffte „Schauer“ eher ein Dauerregentag sein wird. Das nagt an meiner Motivation.
Zweifel kommen auf. Hätte ich doch die Zeckenbiss-Auswirkungen ernster nehmen sollen? Wie wird sich die Antibiotika-Medikation und die damit verbundene Körpergewichtszunahme von 5kg auf meine Leistung auswirken?
Den Regen löst nach 100 km ein böiger Gegenwind ab, … auch nicht gerade euphorisierend.
Zwei Verpflegungsstellen lasse ich wie geplant aus, fünf nutze ich. Es gibt Blaubeersuppe, Köttbullar, Rosinenbrötchen und Salzgurken!?
Im 2. Drittel zähle ich jeden Kilometer.
Schatten auf dem Gehweg |
Auf die letzten 100km kommt die Sonne durch die Wolken. Die Temperaturen klettern auf warme 18 Grad. Ist es der „Schub“ von 3 Tassen Kaffee an der Verpflegungsstelle Karlsborg, sind es die veränderten Wetterbedingungen, oder die Tatsache des fast schon greifbaren Ziels,
… das letzte Drittel erlebe ich wie in Trance. Trotz des „nassen“ Beginns und des „windigen“ Gegners kommt nun wieder Freude auf. In verschiedenen zügigen Gruppen kann ich mitmischen. Die Anstrengungen der zurückgelegten Kilometer sind kaum mehr zu spüren.
Mehrere super-groups („sub 8“, d.h. Zeiten von weniger als 8 Stunden auf 300km) kommen „vorbeigeflogen“, von Motorrädern vorne und hinten abgeschirmt.
Nun verstehe ich auch die außergewöhnlichen Startmodalitäten des Veranstalters: die langsameren Starter kommen gemeinsam mit den schnellen in einem Zeitfenster von ca. 3 Std. an. So genießen auch Radler mit längeren Rennzeiten den Applaus von Hunderten Zuschauern beim Durchfahren der letzten Kilometer nach Motala.
Beim Passieren der Zielschleife misst mein Chip eine Zeit von 11 Std. 47 Min.
Meine Zielsetzung war eine Zeit von unter 11 Stunden, … aber wahrscheinlich habe ich an der einen oder anderen Verpflegungsstelle doch etwas zu lange relaxt.
Jo mit Medaille |
davon haben es 16.805 Starter bis ins Ziel geschafft.
An den kürzeren Strecken haben sich weitere 10.490 Starter gemessen.
Jedenfalls ist Skandinavien eine Reise wert und es gibt dort weitere Herausforderungen. Vielleicht im nächsten Jahr „Trondheim-Oslo“ ???
Joachim.